Sud 43

 560px-Stamps of Germany DDR 1966 MiNr Zusammendruck 1218 1219

Überschrift - Börde Blonde - Chomsky

Seed annual 16449731171

43 Etikett No43
Biertyp  Helles Starkbier
Bierart - obergärig -
Stammwürze°P  14,5°
Alkohol%Vol  5,8
Brautag  17.10.20
Anstich  
Ursprung  Belgien
Malze  Pilsner, Cara + Zuckerrübensirup
Hopfen  Saazer + Koriandersamen
Geschmack  
Trinktemp.°C  
   799px-Echter Koriander ganz und gemahlen

 

DiamantZuckerWas für ein Bier ist das?…

Die Idee hinter dem Börde Blonde war, ein Bier zu brauen, welches zwar „belgische Charakterzüge“ trägt, den dort oft verwendeten Brau-Kandis jedoch durch ein eher börde-typisches Produkt zu ersetzen: ZuckerrübensirupZörbigerSirupTypisch (bzw. einst prägend) für die Börde sind hier vor allem die Rüben, aus denen als „Vorstufe“ erst Sirup und daraus dann der Zucker extrahiert wird! Ob man Zuckerrübensirup tatsächlich als besonders typische Börde-Spezialität ansehen kann, wäre vielleicht noch zu hinterfragen. Hergestellt und als solcher verwendet wurde dieser wahrscheinlich überall, wo man auch Zucker produzierte – und als Souvenir oder typisches Mitbringsel der Magdeburger Börde ist er ja nicht unbedingt bekannt…
Der vielleicht noch aus DDR-Zeiten bekannte Zörbiger-Sirup war übrigens kein eigentlicher Rübensirup, sondern ein aus Zucker, Stärkesirup und Aromen zusammengebrauter Brotaufstrich (und in der Börde liegt Zörbig auch nicht…).
. Da irgendwie ebenfalls als typisch belgische Brau-Zutat „geläufig“,333px-Köhlers Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen Abbildungen mit kurz erläuterndem Texte Plate 145 8232800542 wurde das Bier zusätzlich mit Koriandersamen gewürzt.

Geschmacklich geht diese Kombination durchaus auf – als tatsächliches Beispiel eines Blonde kann unser Bier aber nicht so recht dienen: Charakteristikum ausgerechnet jenen Bierstils ist nämlich, dass (anders als man es belgischem Bier vielleicht spontan zuschreibt) gerade hierbei niemalsGarden gnomes - GötzeWobei dieses „Niemals“ gleich wieder eingeschränkt werden muss, denn es lässt sich durchaus auch das ein oder andere Beispiel eines gewürzten und trotzdem als Blonde titulierten Bieres finden… Gängige Definitionen schließen es jedenfalls aus! Gewürze verwendet werden – und als typisches Gewürz unseres Landstrichs kann Koriander ebenfalls kaum gelten; so dass die Namenswahl letztlich nicht wirklich glücklich erscheint.

Bier der Abdy van Leffe emaille reclamebord Bier ReclamemuseumDa unser Blonde auch andere Spezifikationen nicht eben beispielhaft erfüllt, zur Einordnung vielleicht nur soviel:
Einige Quellen sprechen davon, dass man das Blonde durchaus als zeitgenössische belgische Interpretation des damals aufkommenden neuen, modernen Bieres Pilsner Brauart ansehen könne (bei dem aber, ähnlich wie beim Münchner Hell skizziert, auf lokale Gegebenheiten und – in diesem Fall noch weit mehr als dort – auf lokale Traditionen Rücksicht genommen wurde!).

Zucker im Bier?

Definiert ist Bier als ein Getränk, das durch Gärung aus stärkehaltigen Stoffen gewonnen wird. Warum also Zucker im Bier?

477px-Boys Pilfering Molasses by George Henry HallDie vielleicht naheliegendste Erklärung, „um das Bier zu süßen“, trifft nur in seltenen320px-Brauerei zur Walkmühle H. Lück - MalzbierDas Süßen müsste entweder recht unmittelbar vor dem Ausschank erfolgen – das tat man tatsächlich, z.B. um etwaige Fehler zu überdecken; etwa beim Bieré de Garde soll der Zusatz von Kandis darauf zurückgehen. Sofern der Zucker aber bereits bei der Abfüllung zugesetzt werden soll, ist dafür Sorge zu tragen, dass ihn zwischenzeitlich keinerlei Mikroorganismen als Nahrung nutzen; das Bier muss also sterilisiert werden – normalerweise wird z.B. Malzbier heute auf diese Weise gesüßt (ursprünglich geschah es allerdings nicht durch Zuckerzugabe, sondern indem man die Gärung im noch süßen Zustand stoppte!). Fällen wirklich zu: Im Gegensatz zu dem aus Malz gewinnbaren recht inhomogenen „Zucker-Gemisch“ ist der aus dem zuckerhaltigen Saft bestimmter Pflanzen gewonnene reine Zweifachzucker Saccharose191px-Packed sugar SlutskUnser Haushaltszucker, der Zweifachzucker Saccharose wird durch Photosynthese gebildet und in den Pflanzen dann gleich als „Transportzucker“ genutzt, um die Energie dahin zu bringen, wo sie benötigt wird – Überschüsse werden dann aber eher in anderer Form (etwa zu langkettigen Stärkemolekülen verknüpft) gespeichert, da diese „dauerhafter“ sind. In den klassischen „Zuckerpflanzen“ hingegen wird ein so großer Teil der Energie direkt in zuckerhaltigen Pflanzensäften gespeichert, dass eine Extraktion lohnenswert erscheint; wobei der „Zucker“ letztlich das ist, was beim Entfernen des Wassers übrig bleibt (technologisch ist die Sache allerdings komplizierter…). nahezu vollständig vergärbar und wird von der Hefe komplett in Alkohol (und CO2) umgewandelt. Süße bliebe somit also keine erhalten!
Dem gegenüber ist das Verhältnis vergärbarer und nicht vergärbarer – also somit später noch im Bier vorhandener! – Malz-ZuckerDie Frau als Hausärztin 1911 038 Stärkekörner verschiedener MehlfrüchteDurch die Enzyme des Malzes wird die langkettige Stärke Schritt für Schritt in immer kürzere Ketten und letztlich wieder in deren Grundbausteine – Zuckermoleküle – zerlegt. Da dies (auch durch verschiedene Enzymarten) nach und nach geschiet, einzelne Schritte aufeinander aufbauen (und letztlich auch unauflösbare Verbindungen bestehen), entstehen dabei vom „Einfachzucker“ über „Zweifachzucker“ bis hin zu „Mehrfachzuckern“ ein bunter Strauß von Zuckermolekülen und -Ketten in allen möglichen Zusammensetzungen.
Hefe selbst kann lediglich Einfachzucker verstoffwechseln – mit Hilfe von ihr selbst produzierter Enzyme aber auch eine Reihe noch (relativ) kurzkettiger Mehrfachzucker aufspalten und so ebenfalls verwerten. Welche Kettenlänge bzw. Zuckerarten sie dabei noch knacken kann, ist je nach Stamm unterschiedlich – je länger, desto höher ist der s.g. Vergärgrad.
durch die Temperaturführung beim Maischeprozess zwar beeinflussbar, dass jedoch in einer Würze stets beide vorkommen, ist unvermeidbar. Einem starken, alkoholreichen Bier ist somit immer auch eine höhere Malzigkeit und Restsüße zu eigen, was sich irgendwann zu einer likörartigen Klebrigkeit steigern kann…
Will man also den Alkoholgehalt steigern ohne zu „süßen“, böte sich gerade dafür der Zusatz von Zucker an – umso mehr, als dass Zucker außer der Süße normalerweise keinen eigenen Geschmack mitbringt.

Vandervelde - Vive la Commune p3Und genau hierin scheint die historische Begründung zu liegen, warum in Belgien eine starke Tradition der Zuckerverwendung entstand: 1919 wurde im Vandervelde-Gesetz der Ausschank von Spirituosen in Bars verboten. Der daraus erwachsenden Nachfrage nach Bieren mit erhöhten Alkoholgehalten konnte durch Zuckerzugabe entsprochen werden, ohne den ursprünglichen Charakter der Biere allzu stark zu verändern.

Anders als oft vermutet, ist eine Zuckerzugabe nicht unbedingt ein Mittel, die Herstellungskosten erheblich zu senken!
Die Herstellung „traditioneller Zuckerprodukte aus Rohr oder Rübe“ ist recht aufwändig und das Endprodukt verhältnismäßig teuerSlaves cutting the sugar cane - Ten Views in the Island of Antigua 1823 plate IV - BLDa in der Ausbeute unergiebiger und auch aufgrund der Lohnkosten weitaus kostspieliger zu produzieren, ist der bei uns herstellbare Rübenzucker dem Rohrzucker preislich eigentlich sogar recht deutlich unterlegen. Konkurenzfähgig ist dieser nur aufgrund von Schutzzöllen und Subventionen ( – das Steckenpferd vom „Freier Markt“ und der „Chancengleichheit“ muss man letztlich ja auch nicht zu Tode reiten, wird man sich wohl gesagt haben…). Allerdings gibt es Länder wie etwa Großbritanien, in denen Brau-Malz mit Steuern belegt und dadurch der Einsatz von Zucker preislich trotzdem entsprechend attraktiv ist. Noch anders sieht es in Ländern wie den USA aus, wo auf biochemisch-enzymatischem Weg etwa aus stark subventioniertem Mais Glucose-Fructose-Sirup gewonnen und tatsächlich aufgrund eines erheblichen Preisvorteils zugesetzt wird.

Annual report of the Forest Fish and Game Commission of the State of New York 1899 14753047914Auch brauhistorisch betrachtet hatte sich kaum eine weit zurückreichende Tradition der Zucker-Verwendung herausbilden können, da dessen allgemeine, preiswerte Verfügbarkeit geschichtlich ja ein äußerst junges Phänomen ist! Noch vor wenigen hundert Jahren war (Rohr-) Zucker vor allem aufgrund langer Handelswege ein teures Luxusgut! Erst ab ca. 1850 machten Zuchterfolg und technologischer Fortschritt den Rübenzucker allgemein erschwinglich.
Zuvor kam bei uns also wohl lediglich der Zusatz von Honig in Frage. In Amerika ist bei den ersten Siedlern auch der Zusatz von Ahornsirup belegt.

Vom „Geschmack des Zuckers“

Defecator from Meyers b16 s0976aDa der Saft aus Zuckerrohr- oder Rübe in der Realität selbstverständlich nicht ausschließlich aus in Wasser gelöster Saccharose besteht, enthält der daraus hergestellte Zucker natürlicherweise „Verunreinigungen“, welche nur in sehr aufwendigen Prozessen vollständig entfernt werden können. Da man den Zucker aber kaum hinzu gab, um die Braukosten zu erhöhen, griff man, sofern möglich, auf preiswertere, weniger gereinigte Produkte zurück, so dass in der Praxis doch eine – inzwischen beabsichtigte! – Geschmacksveränderung erfolgte.

Meyers b16 s0976b - IIIZuckerdicksaft oder eben Sirup ist gereinigter, stark eingedampfter Rohsaft, welcher allerdings immer noch eine Vielzahl an Nebenstoffen enthält (wobei auch im Konzentrierungsprozess selbst je nach Intensität und Hitze mehr oder weniger „dunkle Aromate“ erzeugt werden). Ist die Zuckerkonzentration im Sirup hoch genug, kristallisiertKunsthonigDie Kristallisation erfolgt in der übersättigten Lösung selbstständig, aber unter Bildung sehr grober Kristalle: Kandis. Für feine Zucker muß zusätzlicher Aufwand betrieben werden - für's Brauen spielt dies kaum eine Rolle, da man sie ja ohnehin wieder auflöst…
Zum Brauen günstiger ist offenbar, wenn man den Zucker „invertiert“, d.h. den Zweifachzucker (meist durch Säurezugabe und Erwärmung) in die beiden Einfachzucker Fructose und Glucose aufspaltet – dies könnten und machen die Hefen allerdings durch Bildung des Enzyms Invertase auch selbst. Trotzdem sind „Brauzucker“ oft solche Invertzucker (und durch etwaige Karamellisierung in der „Warmphase“ könnte man zudem erneut an der Aromaschraube drehen…).
Allerdings gleicht invertierter Zucker chemisch dem oben erwähnte Fructose-Glucose-Sirup aus Stärke – was dann evtl. auch den eigentliche Grund der Bevorzugung darstellt?!?… (Obwohl eine Eigenschaft von Invertzucker nämlich gerade ist, dass er nicht kristallisiert, wird solcher u.a. als „Brau-Kandis“ verkauft – was albern ist und eher dafür zu sprechen scheint, dass früher „anderer Kandis“ verwendet wurde!…)
der Roh-Zucker aus – zurück bleibt die Melasse (die neben immer noch sehr viel Zucker die Nebenstoffe in jetzt aufkonzentrierter Menge enthält). 258px-Sucre blanc cassonade complet rapaduraAuch dieser rohe Zucker ist noch nicht rein, sondern wird raffiniert, um möglichst viele Verunreinigungen zu entfernen.
Je nach Wunsch oder Erfordernis kann der Brauer ein geeignetes Zuckerprodukt auswählen – wobei die Nebenstoffe dem Bier dann mehr oder weniger Charakter aufprägen werden. MelasseEinst wohl eher ein Abwägen zwischen Qualität und Kosten steht heute die Reproduktion oder Formung des Geschmacks im Vordergrund.

Der Zucker und die Börde

In der Geschichte des Zuckerrübenanbaus spielen die Magdeburger Börde – und tatsächlich auch Hundisburg/Alt-Haldensleben – eine bedeutende Rolle!

Bundesarchiv Bild 183-19204-0238 Sachsen-Anhalt Ernte von ZuckerrübenZwar wurde bereits 1802 in Schlesien eine erste Fabrik gegründet, aber qualitativ war Rübenzucker anfangs wohl kaum diskutabel. Fahrt nahm die Entwicklung erst durch Napoleons Kontinentalsperre (1807-13) auf, die den überseeischen Rohrzucker knapp und teuer machte, was das Interesse an einer innerstaatlichen Zuckerproduktion stark steigen ließ und zur Gründung unzähliger Fabriken führte.

402px-Lohmann Buch Vorsatz 2Hierauf war auch unser Schlossherr Johann Gottlob Nathusius aufmerksam geworden, der fortan viel Energie vor allem darauf verwendete, die Qualität des Rübenzuckes deutlich zu heben. Mit großem Erfolg! Schon 1813 wurde hier die fortschrittlichste Rübenzuckerfabrik Preußens betrieben, deren „Produkte äußerlich und geschmacklich nicht mehr von der Rohrzuckerraffinade unterschieden werden konnten“.

Auch wenn mit Ende der Blockade der Markt erst noch einmal mit billigerem Rohrzucker überschwemmt wurde und die Rübenzuckerproduktion weitgehend wieder eingestellt werden mußte, war Rübenzucker fortan „akzeptiert“ und mit dem erarbeiteten Wissen, dem Fortschreiten der Industrialsierung und der Züchtung immer zuckerreicherer Rüben konnte ab ca. 1850 ein erneuter Anlauf beginnen. Gerade hier in der Börde war der Boden besonders geeignet und mit der Zuckerproduktion konnten lange Zeit sehr hohe Gewinne erzielt werden; die benötigten Maschinen314px-Locomobil 1894Hier ist zum einen die maschinelle Ausstattung der Zuckerfabriken zu nennen – andererseits aber auch die mit dem Anbau einhergehende Industrialisierung der Landwirtschaft. Zu dieser Zeit kamen u.a. die Lokomobile auf und ermöglichten mit riesigen Pflügen ein tiefes, großflächiges Bearbeiten der Äcker (was immer wieder als eine Art „Urbarmachung für den Rübenbau“ genannt wird, in dem Sinn aber nicht so recht zum hoch gelobten Boden der Börde passen will…). Weiterhin betand ein großer Bedarf an – nun künstlichem – Dünger!
Als technologisch sehr schwierig erwieß sich Anfangs auch die Gewinnung des „Saftes“ - da auch eine zerschnetzelte Rübe tatsächlich wohl alles andere als saftig ist. Hierfür wurden anfangs riesige Pressen benutzt (später ging man dazu über, den Zucker mit Wasser herauszulaugen).
gaben letztlich auch der Industrialisierung der Region starke Impulse.

177px-Matthias RabbethgeAls weitere Wegmarke kann der Börde-Ort Klein Wanzleben gelten, wo der Zuckerfabrikant Matthias Christian Rabbethge einerseits erfolgreich fortlaufend an technischen Verbesserungen in der Zuckerproduktion tüftelte, andererseits – und hier liegt der eigentliche Hauptverdienst – mit seinen beiden Söhnen durch Zucht Qualität und Zuckergehalt der Rüben deutlich steigern konnte. Die „Klein Wanzlebener Original“ wurde zu einer der ertragreichsten und beliebtesten Sorten, bereits 1910 wurde von Klein Wanzleben aus rund ein Drittel des Weltbedarfs an Rübensamen gedeckt. Der Klein Wanzlebener Typ ist bis heute Stammvater fast aller Zuckerrübensorten, die weltweit angebaut werden.

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trenner Image taken from page 346 of The Works of Alfred Tennyson etc 11060781794

Interner Brautag – mit Gästen geht’s zur Zeit ja sowieso nicht... 

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