Sud 45

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Überschrift - 6-Korn-Landbier - SONSIE ONE by Sorkon Type Co

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45 Etikett No45
Biertyp  Ale
Bierart obgär.- 20% Rohfrucht!
Stammwürze°P  12,0°
Alkohol%Vol  5,2
Brautag  31.7.21
Anstich  
Ursprung  Deutschland
Malze Pilsner, Wiener, Cara + Rohfrucht 6-Korn-Mischung
(Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Einkorn)
Hopfen  Spalter Select
Geschmack  herb kernig
Trinktemp.°C  
   sechskorn

 

belarus-farmer-300pxWas für ein Bier ist das?…

Das 6-Korn Landbier steht bei Hobbybrauern in der Beliebtheit offenbar ziemlich weit oben – in der Rezeptesammlung von Maische­Malz­Und­Mehr recht ausdauernd auf einem der vorderen Plätze! Grund genug für uns, es ebenfalls einmal zu brauen. Wie der Name sagt, sind hier im ganzen sechs9b4464f1834ba312fef0Dort ist es sogar als 7-Korn-Landbier geführt, was man durchaus auch so „zählen“ kann, denn die Körnermischung enthält sechs unvermälzte Getreide – mit dem Gerstenmalz zusammen käme man also auf 7 Arten! (wobei nicht mal unwahrscheinlich ist, dass sich in der Körnermischung keine Brau-, sondern „ganz normale“ Gerste befindet, was noch mehr für die Zählweise sprechen würde…) verschiedene ArtenAbel Grimmer 002 Korn verbraut – neben dem Hauptbestandteil Braugerste alle anderen unvermälzt als Rohfrucht.

Irgendwie passt es zeitlich ja ganz gut zur Erntesaison genau wie die obergärige Brauweise zum Sommer – dem Vorschlag des letzten Sudes folgend wurde es schlicht als Ale eingeordnet…

Rohfrucht & Reinheitsgebot

468px-Randolph Caldecott collection-page 0026Eigentlich also auch wieder ein Art „German Ale“ wurde die 6-Korn-Mischung aber ganz „ungermanisch“ unvermälzt zugegeben. Dem Reinheitsgebot nach völlig undenkbar – will man nicht selber mälzen aber ziemlich alternativlos. Als Malz kann man im Prinzip ja nur das verwenden, was Mälzereien auch im Angebot haben; und die Suche nach Hafer-, Dinkel- und Einkornmalz gestaltet sich da mindestens schwierig…

Glaubt man den Verfechtern des Reinheitsgebots, folgt die ausschließliche Verwendung gemälzter Getreidekörner der Logik, dass nur solche den „wahren Biergeschmack“ garantieren. Dies wäre – der Logik weiterhin folgend – allerdings ein Hinweis darauf, dass zwischen gemälzter und ungemälzter Körnermischung ein geschmacklicher Unterschied bestehen sollte: und mithin wäre die Geschmackskomponente, die eine Rohfrucht-6-Korn-Mischung beisteuert, auf „legalem“ Weg wiederum kaum zu erzielen.
Was schade wäre! – denn gut bzw. irgendwie „beliebt“ scheint sie ja durchaus zu sein…

Malz vs. RohfruchtBARLEY and MALT 1896 art - The American elevator and grain trade IA CAT31053470064 page 14 crop

Gemälzt wird Getreide ursprünglich ja deswegen, da nur so ausreichend Amylasen vorhanden sind (bzw. gebildet werden), um die gesamte Stärke des Korns in Malzzucker zu verwandeln. Das Korn selbst bildet und braucht diese speziellen Enzyme, um in der Keimphase dem Keimling diesen Zucker als Energie zur Verfügung stellen zu können – der Brauer braucht sie, weil er mit eben diesem Zucker die Hefe „füttert“; bzw. da die vergärbaren Zuckeranteile die alkoholische Gärung ermöglichenEB1911 Fruit - Triticum germinating während die unvergärbaren dem Bier seinen Malzkörper geben.

389px-Stamps of Germany DDR 1978 MiNr 2386Amylasen sind im Prinzip kleine biochemische „Scheren“, die sich eine lange Schnur verketteter Stärke- bw. Zuckermolekühle schnappen und zerschneiden. Dabei verbrauchen sie sich nicht, sondern machen diese Arbeit immer und immer wieder. In diesem Sinn ist also eigentlich keine Mindestmenge erforderlich, um sämtliche Stärke zu verzuckern ( – allerdings wird sich eine Mindermenge irgendwann auf den Faktor Zeit auswirken!).

Die Frau als Hausärztin 1911 038 Stärkekörner verschiedener MehlfrüchteStärke selbst hat eine eher generelle Natur und es macht (zumindest aus Perspektive der Enzyme) keinen Unterschied, in welcher Art Korn oder „Frucht“ sie vorkommt – womit es den Malz-Enzymen relativ egal ist, ob die zu zerteilende Kette aus der vermälzten Gerste oder einer 6-Korn-Mischung aus dem Reformhaus stammt (oder auch aus Kürbis, Kartoffel oder Eichel). Solange man also den Anteil unvermälzter Rohfrucht nicht gar zu hoch wählt, hat dies auf den Maischeprozess und das Ergebnis keinen allzu gravierenden EinflussDie Frau als Hausärztin 1911 039 Schnitt durch ein WeizenkornAllerdings werden im Keimprozess auch solche Enzyme gebildet, die Zellwände (und Fette) abbauen und so dafür sorgen, dass die Stärke zugänglich ist um eingeweicht und aufgequollen zu werden – also gut „gelöst“, mürbe und für die Amylasen gut erreichbar (selbst im getrockneten erst in der Maische wieder eingeweichten Malz)! Ggf. muß man den Prozess also trotzdem anpassen um die Strärke entsprechend „aufzuschließen“. Dies geschieht am wirkungsvollsten durch „Verkleistern“ (dem Aufkochen der im Falle von Getreide vermahlenen, eingeweichten Körner) bzw. der Verwendung von (vorverkleisterten) Getreideflocken. Auch das Kochen der (Teil-) Maische bewirkt die Verkleisterung – und es ist davon auszugehen dass das Verfahren der Dekoktion früher bei eher schlecht (bzw. unvollständig) gelösten Malzen durchaus zu einem vollständigerem Aufschluss der Stärke führte und nicht zuletzt darin eine Begründung für dieses Verfahren liegt)..

Gerste und andere Brau-Getreide

Dass wir heute hauptsächlich Gerste zum Bierbrauen verwenden, kann man aufgrund einiger Vorteile der Gerste durchaus nachvollziehen – es bedeutet aber nicht, dass sie anderen Getreiden generell überlegen wäre oder man nur aus ihr „wahres Bier“ brauen könnte!
Tacuin épeautre39Ein technologischer Vorteil der Gerste ist, dass sie im Gegensatz zu bspw. Weizen beim Dreschen ihre SpelzenLabel-GrodziskDie Bedeutung der Spelzen für das Läutern wurde beim Grätzer Bier schon mal thematisiert. Sie liegt darin, dass sie eine Art Stützgerüst im Filterbett ausbildet und dafür sorgt, dass Flüssigkeit überhaupt in relevantem Maß durch diesen „Treber-Brei“ hindurchfließen kann… behält und dadurch wesentlich einfacher zu läutern ist. Zudem gedeiht sie auch auf eher kargen Böden und ist für die Ernährung weniger wichtig als die klassischen Brotgetreide – war also vielleicht eher mal für’s Brauen übrig.
Beim Keimen entwickelt sie zudem besonders viele Enzyme, was dann auch bei einem vielleicht eher schlechtem Mälzerfolglossy-page1-640px-CH-NB - Zürich Helmhausbrücke - Collection Gugelmann - GS-GUGE-TRACHSLER-F-4.tifDas Mälzen ist heute ein hochentwickelter technologischer Prozeß mit einem sehr einheitlichen Ergebnis. Früher, als man mälzte, indem man die Körner einfach irgendwie einweichte und dann in Haufen keimen ließ, fiel es vermutlich wesentlich uneinheitlicher aus: Nicht alle Körner keimen (auch heute nicht, obwohl die Raten sehr, sehr hoch sind!) oder die Keimung kann irgendwie „steckenbleiben“, z.B. weil die Bedingungen an der jeweiligen Stelle im Haufen (außen kühl und abgetrocknet, innen durch die biologische Aktivität aufgeheizt) nicht stimmen. Von daher ist davon auszugehen, dass auch Biere aus purem Malz einen unvermeidbaren „Rohfruchtanteil“ hatten. Je nachdem wie gut (bzw. eben auch schlecht) das Ergebnis ausfiel, ist es dann natürlich von Vorteil, wenn der Enzymanteil im tatsächlich gekeimten Getreide möglichst hoch ist… noch zu guten Brau-Ergebnissen geführt haben dürfte.

Egyptian-woman-painting BeerInformationen darüber, dass einst gern auch andere Getreide verbraut wurden, lassen sich jedenfalls finden: Für den Vorderen Orient wird Emmer als wesentlich erwähnt (der neben Einkorn zu den ältesten kultivierten Getreidearten gehört). Bekanntermaßen spielte natürlich auch immer Weizen673px-Bley Botanisches Bilderbuch 33Nicht nur wie heute im bayr. Hefeweizen, sondern Weißbier war allgemein relativ verbreitet; auch in vielen eher norddeutschen Bieren spielte er eine nicht unwesentliche Rolle! Wieso es quasi zur „Gleichsetzung“ von Weiß und Weizen kam, ist nicht ganz offensichtlich, denn auch hier wird die Farbe des Bieres ja vor allem durch die Bräunung des Malzes beim Darren bestimmt – aber auch Weizenmehl und daraus hergestellte Backwaren (»Weißbäckerei«) galten als irgendwie hell oder „weiß“.
Weizen hat eigentlich den Nachteil, unter unseren klimatischen Bedingungen nicht optimal zu gedeihen; ihm fehlen die Spelzen und die Kleber-Eiweiße, die seine besondere Eignung als Back- bzw. Brotgetreide begründen, können beim Läutern evtl. zusätzlich stören. (Da relativ häufig verwendet, existieren inzwischen auf ihre Braueignung hin optimierte Sorten…)
eine nicht unbedeutende Rolle. Aber gerade dort, wo dieser aus klimatischen Gründen ins Hintertreffen gerät, wurde auch öfter Roggen682px-Bley Botanisches Bilderbuch 22Roggen war ab dem 12. bis zur Mitte des vorigen Jh.’s die Hauptbrotfrucht (und flächenmäßig häufiger angebaut als Weizen). Er hat geringere Bodenansprüche und ist vor allem wesentlich kälterobuster als Weizen! Die Enzymaktivität ist sehr hoch. Leider reagiert er im Wasser irgendwie „kleberig-schleimig“, was das Läutern deutlich erschweren kann – und als würde das nicht reichen, fehlen auch ihm die Spelzen… benutzt; für unseren Raum soll er zusammen mit Hafer673px-Bley Botanisches Bilderbuch 43Auch Hafer hat relativ geringe Anspüche an Boden und Klima (und als Sommergetreide eine kurze Vegitationszeit!) – und mit eher geringer Enzymaktivität aber schönen großen Spelzen ist er eigentlich ein idealer (Maische)-Partner für Roggen!
Er verleit dem Bier ein recht vernehmbares Hafer-Aroma und macht es eher trüb. Ältere Brauliteratur warnt, dass Haferbiere zum schnellen Sauerwerden neigen…
einst sogar das meistgebrauchte Braugetreide gewesen sein!
428px-Canadian grocer July-September 1919 1919 14782847475Galt ein gutes Drittel Hafer im Mittelalter wohl noch als „Standard“, ging ab dem 16. Jh. seine Verwendung in den meisten Gegenden Europas stark zurück. Er tritt aber trotzdem auch in später Brauliteratur weiter als mögliches anteiliges Braugetreide auf; er würde dem Bier einen „piquanteren Geschmack“ geben und gerade Weißbiere „scharfschmeckender“ machen. In England hat sich mit dem Oatmeal-Stout sogar bis heute eine gewisse „Hafer-Tradtion“191px-William Hemsley PorridgeBis ins 19. Jh. tatsächlich erhalten hatte sich die Verwendung von Hafer z.B. in Norwegen (was vermutlich dort vor allem klimatische Beweggründe hatte).
In England geht die (Wieder)-Verwendung auf den damaligen Ruf des Bieres zurück, gesundheitlich positive, stärkende, nahrhafte Wirkungen zu entfalten – welcher in der Kombination (o. Assoziation) mit Haferbrei dann wohl nochmals gesteigert werden sollte. 1895 ist von Maclay of Alloa ein Stout mit 70% Hafermalzanteil bezeugt, 1909 wurden noch 30% Oatmeal-Porrigde (Haferbrei/Flocken) verwendet. Im 20. Jh. ging der tatsächliche Haferanteil allerdings stark (bis auf 0,5%!) zurück und war wohl hauptsächlich noch Marketing-Element. In den 70ern war Oatmeal Stout nahezu ausgestorben – wurde dann aber erfolgreich wiederbelebt…
erhalten.

Alles in allem ist wohl davon auszugehen, dass eben nicht nur die Art Getreide, die irgendwie besonders geeignet, sondern vor allem eben auch die, die „da war“, zum Brauen benutzt wurde!

 

640px-Max Metzoldt Landschaft mit Kornhocken 

 

trenner Image taken from page 346 of The Works of Alfred Tennyson etc 11060781794

6 Landbier-Brauer nach einem langen Brautag…

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