Sud 55
55 | ![]() |
Biertyp | Lagerbier |
Bierart | unterg. |
Stammwürze°P | 12,0 |
Alkohol%Vol | 4,8 |
Brautag | 11.2.23 |
Anstich | |
Ursprung | Deutschland |
Malze | Pilsner, Wiener, Münchner + etwas Rauchmalz |
Hopfen | Magnum, Saazer + Styrian Goldings |
Geschmack | |
Trinktemp.°C | |
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Was für ein Bier ist das?…
Das Bernstein
könnte man vielleicht als das Pendant der Ostsee-Anrainer zum böhmischen Granát
bezeichnen: Einfach ein griffiger Name, der für sich eine bestimmte Farbvorstellung und zugleich eine gewisse Wertigkeit transportiert.
Letztlich ist es aber noch weniger ein eigenständiger Bier-Stil als dieses, sondern eher nur eine etwas dunklere, eben bernsteinfarbige Variante des hellen Standard-Lagers. Und anders als in Böhmen gibt es bei uns auch keinen überlieferten „Erfinder“…
Der NameDas Wort Bernstein (in Preußen früher auch Börnstein genannt; anderswo Agtstein) lässt sich auf das mittelniederdeutsche „bernen“ (brennen) bzw. die auffällige Brennbarkeit dieses „Edel-Steins“ zurückführen. Die frühere germanische Bezeichnung lautete glæsa (lat. glesum), was vermutlich die Durchsichtigkeit meint, denn das Wort „Glas“ soll auf die selbe Wurzel zurückgehen… Der ursprüngliche balt./prußische Name war wohl sukas, sukinis (wovon sich das römische succinum bzw. der wiss. Name Succinit ableiten sollen) – was auf den Wortstamm „herausgesickert“ (vgl. etwa lett.: sucinis) zurückgehen könnte und damit auf den Ursprung als Baumharz verweist. selbst ist in jedem Fall aber nicht nur bei uns, sondern mindestens in allen Ländern der „Bernstein-Küste“ beliebt: als Gintaras oder Dzintars in den baltischen Sprachen und von dort entlehnt Jantar im Slawischen
Im Polnischen ist das gebräuchlichste Wort für Bernstein offenbar das aus dem dt. entlehnte Bursztyn – wobei sich aber kaum Exempel für „Bursztyn-Biere“ finden lassen; schon öfter scheint hingegen das Adjektiv bursztynowe (bernsteinfarbig) beschreibend gebraucht zu werden. Noch leichter lassen sich allerdings Beispiele für Amber als auch Jantar finden ( – was rein spekulativ etwa auch damit begründbar wäre, dass „Bursztyn“ ein geschützter Markenname wäre?!…).. Auch das engl. Wort Amber wird häufig verwendet – als (obergäriges)
Amber-Ale
findet sich hier dann sogar ein eigenständiger Biertyp (der sich seinerseits aber ebenfalls nicht allzu dramatisch vom Pale-Ale
unterscheidet).
Bernsteinfarbige Biere hingegen sind natürlich keineswegs derart regional beschänkt – wenn überhaupt, dann die Bezeichnung!
Der köstliche Bernstein
Charakterisieren läßt sich das Bernstein
natürlich hauptsächlich durch die Farbe, die durch das Beimischen etwas kräftiger gedarrter Malze erzeugt wird. Dies aber eher in einem Maß, welches zwar die Farbigkeit und „Malzigkeit“ erhöht, noch nicht aber als Röstnote eines irgendwie dunklen Bieres auffällig würde. Und da Bernstein natürlicherweise in etlichen Farbvarianten daher kommt, hat man dabei auch ziemlich freie Hand… Bei der Hopfung wird wohl eher dessen Aroma als die Bittere in den Vordergrund gestellt – eine dominante Rolle spielt er aber kaum. Vom Marketing oder der „Produkt-Anmutung“ her ergeben sich dabei wohl auch gewisse Überschneidungen zum Kellerbier
.
Und tatsächlich existiert sogar ein historisch verbürgter Zusammenhang zwischen Bier und Bernstein: Dieser wurde einst u.a. als Rohstoff für Lacke eingesetzt. Und genau solcher Bernsteinlack wiederum wurde eine Zeit lang in Brauereien zum Auskleiden der hölzernen Gärbottiche verwendet (auch der Haltbarkeit wegen, aber hauptsächlich um die Extraktion von Holzaromen zu verhindern).
„Das Gold des Nordens“
Obwohl man bei Bernstein wahrscheinlich an Strand und Urlaub denkt, wird er seit längerem hauptsächlich bergmännisch gefördert – aus Erdschichten, die das fossile Baumharz in größerer Menge enthalten (und durch Erosion der Küstenlinie für Nachschub am Strand sorgen). Bereits früh wurde an der Bernsteinküste
Als Bernsteinküste im engeren Sinn wurde die nördl. West-Küste Samlands bezeichnet – die Halbinsel zwischen Frischem- und Kurischem Haff. Im weiteren Sinn war aber die ostpreußische Küste bis hinaus über Memel/Klaipėda sehr bernsteinreich. Der industrielle Abbau begann mit der Bernsteinbaggerei im Kurischen Haff nahe Schwarzort/Juodkrantė.
Die bis heute ergiebigsten Vorkommen, die bald darauf in großem Stil abgebaut wurden, befanden sich jedoch bei Palmnicken (heute Jantarny) an der Westküste Samlands. auch in primitiven Gruben und Schächten erfolgreich nach ihm gegraben – umfangreichere Abbautätigkeiten erschwerte jedoch das anstehende WasserProblem beim Bergbau ist grundsätzlich das eindringende Wasser! Sofern dieses nicht irgendwo unten ablaufen kann, säuft jede Grube ab – und da „unten“ hier unter dem Meeresspiegel direkt neben der Ostsee bedeutet, ist klar, dass größere Grubenbaue leistungsfähige Pumptechnik erforderten.
Begonnen wurde mit einer „bedeutend unter dem Seespiegel liegende Grube … aus welchem Hebewerke das Wasser in die Ostsee pumpten“. Von dort konnten Stollen in den Abbaubereich getrieben werden, die dort das Wasser lösten. Jährlich wurden mehrere 100t Bernstein gefördert – und dafür um die 250km Stollen gegraben. Später (vermutl. als dies technisch möglich war) wurde der Untertageabbau jedoch aufgegeben und stattgessen einfach ein riesiges Loch ausgehoben…, so dass das Sammeln, Fischen und Stechen weit überwog.
Der industrielle Abbau begann dann etwa 1860, als man beim Ausbaggern von Fahrrinnen im kurischen Haff auf reiche Vorkommen traf. Mit fortschreitender Technisierung spielten neben der Bernsteinbaggerei dabei auch Taucher zeitweise eine wichtige Rolle. Mit Fortschritten in der Wasserhaltung gewann jedoch ab 1870 der Abbau unter Tage die Überhand (ab ca. 1920 dann im Tagebau).
Man kann eigentlich davon ausgehen, dass sämtlicher Bernstein-Schmuck, den man an der Küste kaufen kann, nicht am Strand gesammelt, sondern im Tagebau abgebaut wurde – in der DDR kam er wohl hauptsächlich aus Bitterfeld…
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- wurde die in der Überschrift verwendete Schriftart "Cinzel Decorative" von Natanael Gama entworfen und ist bei fontsquirrel unter der SIL Open Font License v1.10 veröffentlicht
- wurde die Zeichnungen "Taucherboote am Strand von Palmnicken" und "Bernsteinwäscher" von HI1948 "Aus einem Sammelbild mit 7 Darstellungen. Holzstich von A. Cloß nach W. Busch. 1889" reproduziert und unter einer Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license eingestellt
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